Wie wir mit nutzerzentrierten Methoden eine App für das Wohlbefinden der Crew gestalten
Die Entwicklung der SeaWell-App im Rahmen des AI Healthy Ship Projekts ist eine komplexe Herausforderung: Die App soll Seeleuten helfen, ihr Wohlbefinden an Bord zu verbessern, gleichzeitig, aber auch wissenschaftliche und betriebswirtschaftliche Anforderungen erfüllen. Damit die App wirklich praxisnah, intuitiv und nützlich wird, setzen wir auf Design Thinking – eine Methode, die den Nutzer in den Mittelpunkt stellt und iteratives Arbeiten ermöglicht.
Unser methodischer Ansatz: Wie Design Thinking die Entwicklung strukturiert
Der Design-Thinking-Prozess im AI Healthy Ship Projekt gliedert sich in fünf Phasen, die wir gemeinsam mit unseren Projektpartnern erarbeitet haben:
- Verstehen & Beobachten: Analyse der Bedürfnisse und Herausforderungen von Seeleuten durch eine Vielzahl an Untersuchungen des ZfAM, basierend auf den Erkenntnissen des Vorgängerprojekts e-healthy-ship.
- Definieren: Erstellung von Personas, die typische Nutzergruppen repräsentieren – entwickelt durch Vertreter der Stakeholder, darunter Reederei NORD, Reederei Döhle und das Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin (ZfAM).
- Ideen entwickeln: Formulierung von User Stories zur präzisen Beschreibung der Anforderungen – erarbeitet in Workshops mit den Projektpartnern und Convis.
- Prototyping & Testing: Entwicklung eines Minimum Viable Product (MVP00) mit den wichtigsten Funktionen – technisch umgesetzt durch Lionizers.
- Itterative Verbesserung: Testphase mit echten Nutzern an Bord – durchgeführt im Rahmen der Borduntersuchungen des ZfAM.
3 zentrale Personas:
Unsere Personas wurden gemeinsam mit den Projektpartnern in einem Design-Thinking-Workshop entwickelt. Sie helfen uns, die Anforderungen und Herausforderungen der Nutzergruppen besser zu verstehen und die App gezielt auf ihre Bedürfnisse auszurichten. Hier ein Auszug ihrer Eigenschaften – die vollständigen Personas enthalten noch viele weitere Details:
- Max – Der Seefahrer (Schichtarbeiter, Fatigue-Problematik, offline-Nutzung erforderlich)
- Hannah – Die Wissenschaftlerin (braucht strukturierte, anonymisierte Daten)
- Lars – Der Reeder (möchte minimale administrative Belastung und datenbasierte Entscheidungen)
Über 40 User Stories:
User Stories beschreiben konkrete Funktionen der App aus der Sicht der Nutzer. Sie dienen dazu, die Entwicklung schrittweise zu strukturieren und sicherzustellen, dass alle relevanten Anforderungen erfüllt werden. Hier ein kleiner Auszug aus dem User Story Backlog:
- S-US06 (Seefahrer): „Als Seefahrer möchte ich 3 Maßnahmenempfehlungen erhalten, die basierend auf meinen persönlichen Daten und den Schiffsdaten generiert werden.“
- S-US04 (Seefahrer): „Als Seefahrer möchte ich meine Herzfrequenz und Schlafqualität über Wearables erfassen, um mein Wohlbefinden zu überwachen.“
- A-US05 (Wissenschaftlerin): „Als Wissenschaftlerin möchte ich Zugriff auf pseudonymisierte Crew-Daten erhalten, um prädiktive Analysen durchzuführen.“
- A-US02 (Wissenschaftlerin): „Als Wissenschaftlerin möchte ich Gesundheits- und Umweltdaten exportieren können, um wissenschaftliche Studien durchzuführen.“
- R-US02 (Reeder): „Als Reeder möchte ich dynamische Schiffsdaten per API oder manuell eingeben können.“
- R-US07 (Reeder): „Als Reeder möchte ich die von autonomen Bord-Sensoren erfassten Daten einsehen können, um die Schiffsbedingungen zu überwachen.“
7 EPICS für die Strukturierung:
Epics sind thematische Gruppen von User Stories, die größere Funktionsbereiche abdecken. Sie helfen, die Entwicklung der App logisch zu gliedern und schrittweise umzusetzen.
- Datenerfassung & Verwaltung – Die Basis für die Erfassung von Crew-, Schiffs- und Sensordaten, einschließlich Offline-Speicherung und automatisierter Datensynchronisation.
- Mini-Modell für Maßnahmenempfehlungen – Wissenschaftlich fundierte, erste Handlungsempfehlungen für die Crew basierend auf Gesundheits- und Umweltdaten.
- KI-gestützte Vorhersagemodelle – Entwicklung einer künstlichen Intelligenz, die Crew-Gesundheitsdaten analysiert und prädiktive Maßnahmen generiert.
- Optimierung der Benutzerfreundlichkeit – Klare, intuitive Bedienung mit einfachen Visualisierungen und einer sprachneutralen Gestaltung für internationale Crew-Mitglieder.
- Integration externer Datenquellen – Wetterdaten, Umweltfaktoren und wissenschaftliche Erkenntnisse zur weiteren Optimierung der App.
- Wissenschaftliche Datenauswertung – Export und Verarbeitung der erfassten Daten für prädiktive Gesundheitsanalysen und wissenschaftliche Studien.
- Test & Validierung – Intensive Tests in realen Bedingungen auf Schiffen, um die App kontinuierlich an die Bedürfnisse der Nutzer anzupassen.
Iterative MVP-Entwicklung:
Wir haben die App in mehreren Phasen geplant, um in kurzen Entwicklungszyklen zu testen und zu optimieren:
MVP00 – Basisstruktur, erste Datenaufnahme (aktuell in Testphase)
MVP01 – Mini-Modell mit ersten Maßnahmenempfehlungen
MVP02 – Erweiterung um KI-gestützte Vorhersagen und neue Funktionen
Warum dieser Ansatz?
- Nutzerzentrierung: Seeleute arbeiten unter extremen Bedingungen – die App muss einfach, schnell verständlich und offline nutzbar sein.
- Flexibilität: Durch die iterative Entwicklung können wir schnell auf Feedback reagieren und neue Features hinzufügen.
- Wissenschaftliche Fundierung: Die App kombiniert prädiktive KI-Modelle mit realen Daten aus der Schifffahrt und medizinischer Forschung.
Was bedeutet das für das Projekt?
Durch den Design-Thinking-Ansatz konnten wir sicherstellen, dass die Entwicklung der SeaWell-App genau an den Bedürfnissen der Crew, der Wissenschaft und der Reedereien ausgerichtet ist. Der aktuelle Testlauf von MVP00 liefert wertvolle Erkenntnisse für die nächste Entwicklungsphase. In den kommenden Wochen wird das Team eine Befragung von mehreren Hundert Seefahrern starten und die Datenerfassung durch die Sensorik zunächst an Land testen, bevor der Übergang zu MVP01 vorbereitet wird. Diese Ergebnisse werden entscheidend sein, um das Mini-Modell weiterzuentwickeln und die App gezielt zu optimieren. Doch wie geht es dann weiter? In der nächsten Phase beschäftigen wir uns intensiv mit der detaillierten Feature-Planung: Welche Funktionen werden als Nächstes umgesetzt? Wie priorisieren wir die Anforderungen? Hierbei setzen wir auf ein agiles Backlog-Management und Planning Poker, um die nächsten Entwicklungsschritte effizient zu steuern.
Bleibt dran für weitere Updates! 🚢